Police statt Price – Progressive Gewebebelastung bei akuter Weichteilverletzung
Beitrag von Marco Congia in der pt, Zeitschrift für Physiotherapeuten, 67. Jahrgang, Heft: 7_2015
Vorbemerkung:
PRICE (engl. protection, rest, ice, compression, elevation) bedeutet Schutz, Pause, Eis, Kompression und Hochlagerung.
POLICE (engl. to police = etwas überwachen, kontrollieren) steht für eine optimale Belastung.
Im British Journal of Sports Medicine erschien Anfang 2015 ein sehr interessanter Beitrag zur Therapie nach Verletzungen: Statt Ruhe und Entlastung soll das verletzte Gewebe adäquate Belastungsreize erfahren. Marco Congia stellt Ihnen die Inhalte des englischen Editorials vor.
In der sportmedizinischen Wissenschaft werden unterschiedliche Ansätze zur Rehabilitation diskutiert, wenn Sportler von einer Weichteilverletzung betroffen sind. Bisher ging die Forschung davon aus, dass bei einer akuten Sportverletzung das gängige Modell PRICE Anwendung finden sollte, das die Schlüsselvariablen Schutz, Pause, Eis, Kompression und Hochlagerung beinhaltet. Jedoch wurde dessen Relevanz in der Behandlung jüngst infrage gestellt, denn es wird vermutet, dass Entlastung keinen zusätzlichen Schutz für das Gewebe bringt.
In diesem Zusammenhang richtete sich der Fokus auf einen neuen Aspekt: die „optimale Belastung“ (POLICE). Diese funktioniert auf der Basis von zellulären und neuronalen Mechanismen; durch die zugeführte Belastung des Gewebes werden physiologische Anpassungen maximiert. Eine optimale Belastung zu erreichen, ist allerdings sehr anspruchsvoll, da hierbei Merkmale wie Gewebetyp und spezifische Zielsetzungen eine wesentliche Rolle spielen.
Wissenschaftliche Untersuchungen konnten bereits Hinweise einer maximalen Anpassungsfähigkeit hinsichtlich der mechanischen Belastung aufzeigen. Dies geschieht sowohl in der Förderung struktureller als auch neuromuskulärer Anpassung. Eine optimale Belastung entsteht durch die Ausrichtung auf das Zielgewebe sowie die Mischung aus Kompressions-, Scher- und Zugkräften. Neben der variablen Gestaltung von Dauer, Intensität, Richtung und Ausprägung sollte eine optimale Belastung funktionell und individuell zugeschnitten sein.
Glasgow et al. schlussfolgern, dass die Methode POLICE grundsätzlich der Methode PRICE vorzuziehen ist. Allerdings sollte bei einer optimalen Belastung die Wechselwirkung zwischen Muskeln, Nerven und Skelett nicht unberücksichtigt bleiben. Die optimale mechanische und neuronale Anregung verhindert eine schlechte qualitative Ausrichtung, starre Bewegungen sowie übermäßige Belastungen.
Weiterführende Literatur: Glasgow P, Phillips N., Bleaklley C. 2015. Optimal loading: key variables and mechanisms. British Journal of Sports Medicine 49, S. 278f.