Progressive Gewebebelastung als zusätzliche Maßnahme bei akuter Weichteilverletzung
Sind Sportler von einer Weichteilverletzung (Gewebeschädigung wie z.B. Schürf-, Schnittwunde, Muskelfaserriss) betroffen, so werden in der sportmedizinischen Wissenschaft unterschiedliche Ansätze zur Rehabilitation diskutiert. Bisher ist die Forschung davon ausgegangen, dass bei einer akuten Sportverletzung das gängige Modell PRICE, welches übersetzt die Schlüsselvariablen Schutz, Pause, Eis, Kompression und Hochlagerung beinhaltet, Anwendung findet. Jedoch wurde vor kurzem diese Relevanz in der Behandlung in Frage gestellt, denn es wird vermutet, dass die Variable der Pause keinen zusätzlichen Schutz für das Gewebe bringt.
In diesem Zusammenhang wurde ein neuer Schwerpunkt hinzugezogen – und zwar die „optimale Belastung“ (POLICE). Eine optimale Belastung besteht hierbei in der zugeführten Belastung des Gewebes, durch welche physiologische Anpassungen maximiert werden. Das Ermitteln einer optimalen Belastung ist allerdings sehr anspruchsvoll, da Merkmale wie Gewebetyp und spezifische Zielsetzungen eine wesentliche Rolle bei diesem Prozess spielen. Desweiteren funktioniert eine optimale Belastung auf der Basis von zellulären und neuronalen Mechanismen.
Wissenschaftliche Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass Hinweise einer maximalen Anpassungsfähigkeit hinsichtlich der mechanischen Belastung gegeben sind. So bestehen die Schlüsselvariablen sowohl in der Förderung struktureller als auch neuromuskulärer Anpassung. Eine optimale Belastung besteht demnach in der Ausrichtung auf das Zielgewebe sowie in einer Mischung aus Kompressions-, Scher- und Zugkräfte. Neben dem Aspekt der variablen Gestaltung hinsichtlich Dauer, Intensität, Richtung und Ausprägung, sollte eine optimale Belastung funktionell und individuell zugeschnitten sein.
Eine Bewertung dieser Ergebnisse kommt zu der Schlussfolgerung, dass die Methode POLICE grundsätzlich der Methode PRICE vorgezogen werden sollte. Allerdings sollte bei einer optimalen Belastung die Wechselwirkung zwischen Muskeln, Nerven und Skelett berücksichtigt werden. Ebenfalls sollte ein optimales Niveau der Schwierigkeit in der mechanischen und neuronalen Anregung gegeben werden, um eine schlechte qualitative Ausrichtung, starre Bewegungen sowie übermäßige Belastungen zu verhindern.
In diesem Sinne eine gute Behandlung und eine gute Besserung! Ihr Marco Congia
Literaturquelle:
Glasgow, P., Phillips, N. & Bleakley, C. (2015): Optimal loading: key variables and mechanisms. British Journal of Sports Medicine, 49 (5).